4. Mai – Von Le Bouchet-St.-Nicolas nach Le Monastier-sur-Gazeille


Mein heutiges Ziel: Le Monastier

Heute habe ich eine happige Etappe vor mir, 24 km. Schien mir eigentlich ok zu sein, aber meine Zimmernachbarin, eine junge Frau, kam gestern von Le Monastier und war echt erschöpft. Sie meinte, es sei brutal gewesen. Da bin ich ja mal gespannt.

Meine App sagt mir, dass ich 6 1/2 Stunden brauchen werde, 720m runter und 440m rauf. Die ersten 300m geht es über 11 km mehr oder weniger stetig runter, dann muss man zur Loire hinunter, teilweise sehr steil, und auf der anderen Seite noch steiler und ein Stück höher hinauf. Dann geht’s wieder ein bisschen rauf und runter und dann noch einmal in ein Flusstal hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf ins Dorf. Ich gehe es respektvoll an. Die junge Frau hat gesagt, ich müsse aufpassen bei den Abstiegen, weil es so steil ist.

Am Morgen ist es wieder bitterkalt. Ich kaufe noch ein wenig Proviant ein und los geht’s. Heute ist das Wetter trüb und düster, die Sicht schlecht. Mir scheint, ich habe immer Gegenwind, egal, in welche Richtung ich laufe…

Die Markierungen sind nicht mehr so zuverlässig, wie bis jetzt. Schon gestern bin ich einmal falsch gelaufen. Nachdem ich ja am Anfang ein paarmal eine Abzweigung verpasst hatte und es sehr mühsam war, immer das Tablet hervorzukramen (ich hatte die Karten daraufgeladen, weil ich dachte, das sei übersichtlicher und spiegle weniger als das Handy), hatte ich alle Karten aufs Handy geladen. Jetzt kann ich einfach, wenn ich unsicher bin, das Handy zücken und schauen, wo ich bin. Da gibt es nämlich einen freundlichen blauen Punkt, der mir immer exakt meine Position anzeigt. Er hat mich schon ein paar Mal gerettet.

In dieser Kälte, in der ich einfach keine Pause machen kann, träume ich von einer warmen Suppe. Nach ca 8 km gibt es ein Café, wo ich das kriegen könnte. Ich entscheide mich aber dagegen. Ich bin erst gut 2 Stunden unterwegs und habe noch ungefähr 4 1/2 vor mir. Die grosse Pause mache ich lieber, wenn ich schon die Hälfte hinter mir habe…

Nach gut der halben Strecke kommt der Abstieg ins Loiretal. Etwa auf halber Höhe begegnen mir zwei Männer. Der erste scheint halbwegs fit zu sein, der zweite pfeift bald aus dem letzten Loch. Ich muss fast ein bisschen schmunzeln. Da schaut er mich an und sagt, ich solle nicht lachen, mir stehe dasselbe auf der anderen Seite bevor. Da muss ich erst recht lachen und antworte, ich wisse es schon. Ich muss ja noch höher aufsteigen als sie. Sie müssen dann aber fast den ganzen Rest des Weges aufwärts gehen.

Bei den letzten beiden Etappen bin ich mal im Vorteil, meistens hatte ich es ja strenger als die anderen. Über die ganze Strecke mache ich 500 Höhenmeter mehr, als die, die richtig laufen, heute aber mache ich weniger.

Ich gehe langsam in die Steigung. Meine Beine scheinen einfach nie kräftiger zu werden. Ich hoffe immer, dass es doch irgendwann leichter sein würde, scheint aber nicht so. Trotzdem geht es mir erstaunlich gut und ca eine Stunde vor dem Ende bin ich ganz zufrieden mit mir.

Nun muss ich noch einmal in ein Flusstal hinuntersteigen. Das ist ein alter Römerweg, der mit Steinbrocken gepflastert ist. Der ist dermassen uneben, dass es extrem mühsam ist, da hinunter zu gehen. Jetzt verstehe ich den Wanderer, der gesagt hat, die Römer hätten uns keinen Gefallen getan. Dieser Weg ist der Killer und gibt mir den Rest. Ich bin froh als ich endlich unten bin. Jetzt muss ich wieder eine steile Strasse hinauf ins Dorf. Ich krieche, wie eine Schnecke…

Am Ende habe ich fast sieben Stunden Marschzeit und nur eine ca 20 minütige Pause nach etwa 4 1/2 Stunden. Diesmal bin ich wirklich ko und die Füsse tun mir weh nach diesem vermaledeiten Römerweg.

Ich habe heute einige andere GR Wege gekreuzt, einer davon ein Vulkanweg. Die ganze Gegend ist voller „Gupfe“, die nach Vulkankegel aussehen. Schade ist die Sicht nicht besser, bei Sonnenschein und klarer Sicht, sieht das sicher fantastisch aus.

Ich werde immer wieder gefragt, ob ich nicht Angst habe. Ich frage mich dann immer, wovor? Abends bin ich ja in den gîtes oder in einem Hotel und tagsüber begegne ich immer irgendwelchen Wanderern. Zu Hause mache ich ja auch Tagestouren allein. Wo ist da der Unterschied? Ich mache hier einfach jeden Tag eine Tagestour. Ich lebe immer im Heute. Das Wandern ist sowieso eine gute Übung, im Jetzt zu leben. Wenn man sich schon vorher vor den Strapazen fürchtet, wird es bestimmt hart. Wenn man aber einfach immer JETZT einen Schritt macht, spielt es keine Rolle, was vorher war oder was kommt.

Der Aufstieg ins Dorf ist auch so eine Übung. Im ersten Moment denke ich, das schaffe ich nicht mehr. Ich weiss aber genau, dass ich es schaffe, ich muss nur einen Fuss vor den anderen setzen und nicht schauen, wie weit es noch ist. Dann bin ich in meinem Rhythmus und kann noch weit hinauf gehen.

Am Ende bin ich oben und suche noch eine halbe Stunde die Touristeninfo, die dann zu ist. Also muss ich selbst eine Unterkunft ausfindig machen.


Da muss ich jetzt 170m ins Tal hinunter und auf der anderen Seite wieder 240m hoch!


Le Monastier-sur-Gazeille

5. Mai – Von Le Monastier-sur-Gazeille nach Le Puy-en-Velay


Le Puy-en-Velay

Eigentlich könnte ich heute eine Pause brauchen. Da das aber die letzte Etappe vor Le Puy ist, wo ich sowieso ein/zwei Tage pausieren will und ausserdem die gîte nicht gerade der Hammer ist, ziehe ich es durch. Statt fast drei Wochen habe ich nur 15 Tage gebraucht. Allerdings habe ich ja eine Strecke ziemlich abgekürzt, wo ich sonst zwei Tage gebraucht hätte. Aber diese Woche bin ich immer zwischen 19 und 24 km gewandert.

Die heutige Strecke sieht vom Höhenprofil her ähnlich aus wie gestern, auch zweimal in ein Flusstal runter, aber alles sanfter. Nicht so weit, viel weniger Höhenmeter und nicht so steil. Meine App meint, 5 1/2 Stunden.

Am Morgen ist es noch frisch, 7 Grad, und trüb und feucht, aber in Puy, das ein Stück tiefer liegt, soll es heute 20 Grad werden. Ich freue mich schon darauf. Nach einer Stunde ziehe ich die Jacke aus. Das erste Mal in dieser Woche, dass ich ohne wandern kann! Bald verschwinden Armstulpen, Schal und Stirnband, dann die Fleecejacke und irgendwann muss ich wirklich verschwinden und die Schläuche ausziehen. Ich hätte sie gar nicht erst anziehen sollen, aber in dieser Woche habe ich so oft gefroren, dass ich lieber vorsichtig sein wollte.

In Coubon an der Loire ist es schon 21 Grad! Unterwegs komme ich mit einer jungen Frau ins Gespräch, die in die Gegenrichtung läuft. Sie will diese Woche wandern und hat versucht, gîtes zu buchen, aber überall ist schon alles besetzt. Ich habe bis auf einmal nie reserviert, habe mich immer darauf verlassen, dass ich schon etwas finde. Es hat auch immer geklappt, oft war ich sogar die einzige. Aber langsam wird es wärmer und nächste Woche ist eben eine Woche mit zwei Feiertagen. Einer am Dienstag und am Donnerstag Auffahrt. So machen natürlich viele Ferien. Da muss ich dann auch aufpassen und reservieren, wenn es nicht schon zu spät ist. Ich weiss ja noch nicht einmal genau, wo ich weiterwandern werde. In Puy soll es auch sehr viele Leute haben, ich muss also früh da sein.

Jetzt wäre mal Wetter zum Pausen machen und eine Siesta geniessen und jetzt muss ich vorwärts machen. Ich habe nämlich heute Morgen auch noch einen Termin abgemacht bei einem Osteopathen, weil mein Becken blockiert ist und sonst noch so einiges nicht ganz stimmt. Das stört mich zwar nicht beim Laufen, aber beim Schlafen. Ich habe gefragt, ob er am Montag Zeit hätte für mich. Er meinte, Montag ginge nicht, aber ich könne heute Abend kommen. Um 18h muss ich da sein.

Wenn man das letzte Stück nach Puy runterkommt, ist das ein wunderbarer Anblick auf die Marienstatue, die Kathedrale und die Dächer der Altstadt.

Ich gehe schnurstracks zur Turi-info, um mir ein Bett zu ergattern. Alles, was günstig ist, ist vollkommen ausgebucht. Puy ist halt der Ausgangspunkt für die Jakobspilger und für viele andere Wanderstrecken und es ist Samstag. Da reisen wohl alle an, die nächste Woche wandern wollen. Mit etwas Glück und Eigeninitiative finde ich schliesslich ein bezahlbares Zimmer für drei Nächte. Erstens möchte ich ein wenig ausruhen und zweitens die Stadt anschauen.

Der Osteopath ist sehr nett und flickt mich wieder zusammen, sodass ich hoffentlich fit bin für die nächsten drei Wochen.

Das Ende des Stevensonweges

Ich habe den Weg von Süd nach Nord zurückgelegt.

Hier noch ein paar Zahlen:
Der tiefste Punkt: 127m
Der höchste Punkt: 1699m

Da ich ein paar Strecken verändert oder ausgelassen habe, habe ich ca 227 km zurückgelegt, schätzungsweise 7400 Höhenmeter erklommen und bin ungefähr gleichviele Meter runtergestiegen.


Ich habe unten rechts bei Alès angefangen, also erst die blaue, dann die grüne, rosa und orange Strecke von unten nach oben zurückgelegt.

6./7. Mai – Le Puy-en-Velay

Le Puy ist eine coole, alte Stadt mit vielen engen Gassen, kleinen Plätzen und vielen geschichtsträchtigen Gebäuden. Die Stadt ist voller Leben, es gibt viele Restaurants, wo man draussen sitzen kann. Am Samstag Abend ist überall alles voll.

Am Sonntag ist natürlich nicht so viel los, aber es gibt immer noch viele Gäste, die durch die Gassen spazieren und sich die Sehenswürdigkeiten ansehen.

Ich steige zum höchsten Punkt, wo die Statue der Jungfrau mit Kind die Stadt überblickt. Von hier hat man eine tolle Aussicht über die Dächer der Altstadt und die umliegenden Hügel. Ich steige in der Statue über eine enge Wendeltreppe bis in den Kopf. Dort muss man noch auf einer Leiter etwa 3m höher steigen, dann kann man seinen Kopf in die Glaskuppel stecken und hat einen Rundumblick.

Die Kathedrale ist auch sehr eindrücklich. Man betritt sie über eine grosse Treppe, aber drinnen ist man noch nicht im Hauptschiff, sondern die Treppe geht noch ein gutes Stück weiter, bis man auf der oberen Ebene ist. Der ganze obere Teil der Stadt ist sehr steil, deshalb sind die Eingänge oft auf verschiedenen Ebenen.

Le Puy ist schon seit dem 12. Jahrhundert ein Zentrum für Pilger. Hier versammelten sich die Gläubigen, um dann in Gruppen zu pilgern. Mit der Zahl der Pilger ist auch die Stadt gewachsen. Es gibt sehr viele günstige Herbergen hier und auch Kirchen gibt es mehrere.

In den Sommermonaten werden abends acht verschiedene Bauwerke mit Videoprojektionen bespielt. Sieht hammermässig aus. Leider kann ich jetzt nur Fotos auf die Website stellen. Wenn ich dann wieder zu Hause bin, versuche ich, die Videos raufzuladen.

Ich versuche auch, herauszufinden, wie ich weitergehen soll. Ich wollte ja den Loireweg machen, aber da gibt es offenbar keine gîtes, das heisst, ich müsste immer ins Hotel. Das passt mir gar nicht. Da trifft man keine gleichgesinnten Leute und isst immer allein. Das finde ich nicht so witzig.
Im Shop des Touristenbüros hat man mir den Weg GR 300 empfohlen. Der geht über die Berge Richtung Orléans. Es gibt sogar eine App mit Karten, Unterkünften und Sehenswürdigkeiten. Ich habe mir die App auf’s Handy geladen, sie funktioniert aber leider nicht. Sie zeigt mir keine Route und auch sonst nichts an. Ist also nicht zu gebrauchen.

Nun muss ich doch den GR 3 nehmen, aber es gibt wirklich fast keine Unterkünfte. Ich werde zuerst gerade zwei Gewaltsetappen hinlegen müssen, um ein Bett zu finden. Ich habe jetzt den ganzen Abend an den Routen getüftelt. Es hilft nichts. Morgen muss ich telefonieren, ob überhaupt etwas frei ist. Notfalls kann ich immer noch da und dort etwas abkürzen…


St. Michel

8. Mai – Von Le Puy-en-Velay nach Vorey-sur-Arzon

Heute Morgen bin ich ziemlich müde und habe eine lange Etappe vor mir. Da heute und übermorgen Feiertage sind, habe ich ziemlich viel Futter dabei. Ich weiss nämlich nicht, ob ich morgen einen Laden finde. Somit ist mein Rucksack wieder richtig schwer, denn die meisten Kleider sind auch wieder drin, zudem habe ich noch einen Führer gekauft für die Strecke von Retournac nach Chabreloche.

Bis Retournac habe ich allerdings weder Karte noch Führer, nur das, was ich auf meine App geladen habe. Die ist zwar recht gut, hat aber den Fehler, dass man keine Offroadrouten planen kann. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn alle Wege wirklich auf den Karten wären. Das ist aber leider nicht so. Auf der heutigen und morgigen Strecke gibt es Stellen, wo die Route auf kleinen Wegen durch den Wald führt. Diese Wege gibt es auf der Karte von komoot nicht, und da man nicht offroad planen kann, kann ich die Route nicht einzeichnen. Die App macht dann einfach einen riesigen Umweg irgend einer Strasse oder einem Weg folgend.
Unterwegs ist das kein Problem, es gibt ja die Markierungen, die im Allgemeinen gut sind und sonst habe ich ja die Karte und den freundlichen blauen Punkt. Ich weiss aber nicht, wie lange die Etappe wirklich ist. Es ist nicht so einfach einzuschätzen, wie gross der Unterschied von der gewollten zur eingezeichneten Route ist.

Für heute sagt die App, dass ich 34km gehe und dafür 9 1/2 Stunden brauche. Ich weiss aber, dass ein grösserer Umweg eingebaut ist. Ich denke, ich werde sicher eine Stunde weniger lang wandern. Es stellt sich dann heraus, dass es 1 Stunde 20 Minuten weniger sind und am Schluss kürze ich noch ab, wo die Route noch auf und um einen Hügel geht. Das ist wahrscheinlich auch nochmals eine halbe Stunde weniger. Wahrscheinlich habe ich am Schluss ca 27km gemacht.

Es ist eine wunderschöne Wanderung. In Puy treffe ich einen Mann, der einen Ausflug zur Festung Polignac macht. Da meine Route auch da vorbeiführt, wandern wir zusammen und unterhalten uns über Gott und die Welt. Zum Schluss lädt er mich noch ein, bevor sich unsere Wege wieder trennen. Solche Begegnungen sind immer schön.

Dann gehts weiter durch Wiesen und Felder. Ich mache meine Mittagspause an einer Stelle, von wo ich einen traumhaften Blick auf die Loire und Lavoûte-sur-Loire habe. Ich sehe auf Brücken und ein Schloss hinunter und am Horizont die Vulkankegel.

Kaum habe ich fertig gegessen und will gerade meine wohlverdiente Siesta abhalten, als es zu tröpfeln beginnt. Also schnell alles zusammenpacken und Pelerine darüber. Es donnert nämlich schon seit längerer Zeit und ich habe Bedenken, falls es so richtig regnen sollte, dass der steile Abstieg durch den Wald schwierig werden könnte. Zum Glück hört es aber schon bald wieder auf.

An der Loire gönne ich mir nochmals eine Pause. Alle paar Minuten fällt ein riesiger Tropfen.
Nach Lavoûte komme ich durch eine liebliche Landschaft. Blühende Wiesen, Bäume und Hecken, eingebettet zwischen Hügeln und in der Ferne die Vulkane. Ab und zu höre ich Frösche.
Es gibt auch schöne Häuser mit fantastischen Gärten. Das ist eher neu. Bis jetzt waren die Gärten meist kahl und lieblos und oft als Abstellplatz genutzt.

Am Abend in der gîte treffe ich einen Belgier, der von zu Hause aus bis nach Santiago wandert. Das sind ca 2700km, wovon er jetzt ca 1000km hinter sich hat. Später kommt noch ein Franzose. Die beiden haben sich schon mal in einer gîte getroffen. Ich wandere offensichtlich wieder in die falsche Richtung.
Ich habe gedacht, der Loire abwärts zu folgen sei bestimmt die Hauptrichtung, aber Fehlanzeige. Ich denke allerdings, dass überhaupt nicht viele Leute auf dieser Route unterwegs sein werden. Die meisten machen den Jakobs- und viele den Stevensonweg.

Dementsprechend gibt es auf dieser Route hier auch nicht viele gîtes. Ich werde meine Tour anhand der Übernachtungsmöglichkeiten planen müssen.

Der Franzose warnt mich noch vor einem Stück Weg, das ich morgen zurücklegen werde: steil, sehr glitschig, va. bei Regen, und von vielen Büschen überwachsen.

9. Mai – Von Vorey-sur-Arzon nach Retournac

Noch eine lange Etappe. Bald merke ich, dass ich heute nicht sehr fit bin. Alles ist anstrengend. Ich hätte doch auf meinen Bauch hören sollen. Der hat mir nämlich gestern gesagt, ich solle noch einen Tag hierbleiben und eine leichte Tour ohne Gepäck machen. Ich habe mich verleiten lassen, weil die beiden Männer gesagt haben, es sei eine leichte Tour, nur 25 km. Für mich ist 25km auf und ab nicht leicht, das geht, wenn es einigermassen flach ist. Hier ist es aber oft steil. Die gîte ist jedoch auch nicht gerade toll, deshalb gehe ich doch weiter.

Auf dieser Loiretour kommt man immer wieder zur Loire. Dazwischen fliesst sie jedoch durch Schluchten und enge, gewundene, tief eingeschnittene Täler. Man kann also gar nicht gross an der Loire selber wandern. Man kommt zwar immer wieder zum Fluss, schneidet aber dazwischen die Schleifen ab. Was nach Abkürzung klingt, ist nur vermeintlich eine: man macht jedesmal schnell einmal 300 bis 400 Höhenmeter, das heisst man kraxelt über einen steilen Berg. An der Loire unten ist es warm und feucht, auf dem Berg oben jedoch richtig kalt und windig!

Bei meinem nicht so fitten Zustand heute, wird mir das bald einmal zuviel. Ich mache eine richtig gute, lange Mittagspause. Nachher geht es wieder besser, bis es auf den bewussten, gefährlichen Weg geht. Es ist wirklich mühsam und glitschig, aber es geht einigermassen, da ich dieses Stück aufwärts gehe. Irgendwann wird der Weg jedoch zu einem Bach und da es auf beiden Seiten, wie meistens hier, einen Zaun hat, kann man nicht ausweichen. Das heisst, mit je einem Fuss auf dem linken und rechten „Ufer“ wackle ich hin und her und versuche, nicht in den Bach zu rutschen. Es hängen immer mehr Büsche über den Weg, so dass ich fast nicht durchkomme. Zu allem Überfluss sind es meistens Dornbüsche. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich der Strasse gefolgt…

Oben werde ich aber wenigstens mit einem tollen Blick auf Retournac belohnt. Es folgt ein sehr schönes Stück durch den Wald. Plötzlich prescht eine Wildsau keine 5m vor mir über den Weg und in die Büsche. Das geht so schnell, dass ich nicht einmal Zeit habe zu erschrecken…. Auf der anderen Seite hinunter, gibt es wieder solch einen Bachpfad unter Büschen. Diesmal folge ich der Strasse. Es ist nämlich sehr mühsam mit dem grossen, hohen Rucksach unter Büschen durchzukriechen. Und es ist ja nur eine kleine Strasse ohne Verkehr.

Ich komme sehr spät in Retournac an, erst um 17.30h. Es ist eines der grösseren Dörfer auf dieser Route, wirkt aber heruntergekommen und trostlos. Eines der Hotels, die in meinem Guide von 2016 drin sind, sehe ich auf dem Weg durch das Dorf. Es ist definitiv geschlossen und sieht aus, als wäre es schon seit Jahren zu.

Der Belgier hat mir eine Adresse zum Schlafen gegeben, aber leider nehmen die das Telefon nie ab. Ich weiss, dass es hier nicht viel gibt und suche die Turi-info. Die gute Frau ist gerade am Zumachen. Ich habe also gerade noch Glück gehabt. Es gibt tatsächlich keine Hotels mehr, keine gîte, nur zwei drei Private, die Zimmer vermieten. Nach einigem Telefonieren findet sie etwas. Es stellt sich heraus, dass ich der erste Gast dieses jungen Paares bin. Also alles neu und SAUBER. Das geniesse ich nach den letzten schmuddeligen Küchen!

Obwohl es mir heute nicht so gut gelaufen ist, geht es aber meinem Nacken und den Schultern viiiel besser als vor Le Puy. Dem Osteopathen sei Dank, er hat mich super zusammengeflickt! Aber ich bin echt ko nach diesen zwei langen Touren. Vielleicht mache ich morgen einen Tag Pause.

10. Mai – Retournac

Ich entscheide mich, zu bleiben. Es war ein bisschen viel mit diesen langen und zT. steilen Touren. Ich bin auch nicht sicher, ob ich etwas am Ausbrüten bin. Ein Blick aus dem Fenster sagt mir, dass es nicht schade ist, um den Tag, es regnet.

Ich setze mich hin und plane meine nächsten Tage anhand des Führers. Der Weg führt über Berge. Es ist wirklich schwierig, weil es wenig gîtes gibt. Einmal muss ich sicher ins Hotel (falls es denn eines gibt. Wenn ich die Adressen eingebe, kommt nichts). Und einmal muss ich wieder eine lange Tour einbauen…
Ich möchte gerne für morgen Abend reservieren, aber da Auffahrt ist, kommt nur ein Automat.

Die ersten drei Tage werde ich noch einkaufen können, dann muss ich für vier Tage Essen mitschleppen.
Geld muss ich auch noch am distributeur beziehen, es wird der letzte sein für sieben Tage und man kann nicht mit der Karte bezahlen.

Am Nachmittag kommt noch die Sonne und ich mache eine Runde durchs Dorf. Ich möchte in ein Restaurant oder in eine Bar, um Internet zu haben. Es ist aber alles geschlossen. Bin gespannt, ob wenigsten für das Nachtessen eine Beiz aufmacht, sonst muss ich auf meinen trockenen Knäckebrötchen rumkauen…

Bei der Touristeninfo gibt es freies Internet und jetzt sitze ich hier an der Sonne und versuche, meinen Blog zu aktualisieren.

4 bis 10 Mai 2018 – Woche 3 – Von Le Bouchet-St-Nicolas nach Retournac